Mittwoch, 14. Mai 2014

VLN - Wann ist zu viel zuviel?!

Am Samstag den 17.5.steht der 4. Lauf der VLN auf der Nordschleife an.
Gleichzeitig ist dies die letzte Möglichkeit für 24h-Rennen-Teilnehmer Mensch und Maschine einem letzten Härtetest zu unterziehen bevor es zum Rennhighlight des Jahres geht.

Diese Möglichkeit bietet sich für Kleine Teams bis hin zu den besser solventen Teams und den Werksteams.
208 Teams / Fahrzeuge wollen diese Chance auch nutzen!

Wie in den letzten Rennen bzw. Saisons deutlich zu sehen, ist eine zunehmende "professionalisierung" der VLN zu beobachten. Mehr und mehr Werke und große Rennteams kommen zur VLN mit enormen Siegesdruck im Gepäck. Alleine in der Starterliste zu VLN 4 zähle ich 51 "Big Banger", (SP9: 28 / SP7: 17 / SP8: 6) welche zu absoluten Topzeiten im Stande sind.

Eine weitere Rekordverdächtige Klasse ist die Produktionswagenklasse V6, welche mit 22 Teilnehmern aufwarten kann. Zudem sind langsamere und exotischere Fahrzeuge vertreten, ebenso wie die Cup-Klassen, alles so wie die VLN sein sollte...Wirklich?

Nun, in der Vergangenheit gab es auch schon VLN-Rennen mit Teilnehmern in dieser Größenordnung, so weit so gut. Allerdings gab es zu der Zeit keine 50 enorm schnelle Fahrzeuge, welche um jede Zehntelsekunde kämpfen müssen und das über vier Stunden! Das Resultat sind in den letzten Läufen immer gut sichtbar gewesen: Unzählige Unfälle und Zwischenfälle, welche auf den Geschwindigkeitsunterschied zurückzuführen waren. Allerdings wäre es unfair alles auf den Speed der Großen zu schieben, in die Kerbe möchte ich nicht auch noch schlagen.

Die Unerfahrenheit und auch ein möglicher Übermut erzeugen in dem ganzen DIE Explosive Note. In den letzten Läufen war z.B. in der SP9 ein Aston Martin Vatage GT3 mit Paul Wilson und Stuart Leonard unterwegs. Ich persönlich hatte bis dahin von den beiden im Bezug auf den GT Sport noch nichts gehört. Damit schien ich auch nicht alleine dazu stehen. Doch diese beiden kamen mit einem Knall zu zweifelhaftem Ruhm in VLN-Kreisen. Es wurde von vielen Fahrern von Rempeleien, Drängeleien, fehlende Übersicht und einer Rücksichtslosigkeit berichtet, die Seinesgleichen sucht.
Traurige Höhepunkt war vermutlich der Unfall auf der Döttinger Höhe (einer 3km langen Geraden!) mit einem Audi TT, der zu 100% vermeidbar war! Video:

Man sollte meinen das selbst mit 270Km/h noch Zeit war sich eine geeignetere Lücke zu suchen.

(Korrigiert mich, sollte ich falsch liegen)

Leider machen solche Szenen nur wenig Mut für das was noch kommen mag. GT3s sind aktuell extrem beliebt und es werden sicher noch mehr solvente Fahrer auf den Geschmack kommen. Klar gehen einige wirklich mit dem nötigen ernst an die Sache VLN / 24h ran (Felix Baumgarter z.B.).
Aber die Gefahr ist sehr groß, dass andere kommen werden und möglicherweise ähnlich fahrlässig unterwegs sind.

Anhand solcher Bilder verstehe ich viele kleinere Privatteams, beim 24h-Rennen und auch Teilweise bei der VLN nicht mehr anzutreten, denn das Risiko von einem schnellen im Bruchteil einer Sekunde von der Piste gekegelt zu werden war nie größer. Natürlich kann das auch mit kleineren passieren, und es passiert auch. Allerdings entschärfen die geringeren Geschwinigkeitsunterschiede doch ein wenig.
Wenn man die GT3 Klasse mit BMW Z4, Audi R8 LMS Ultra, Mercedes-Benz SLS, Aston Martin Vantage, Ferrari F458, Porsche 911 etc. mal mit einem BMW  3.18iS, Citroen DS 3, Toyota 86 oder Golf II GTI vergleicht, reichen hier fast schon die Namen aus um den Unterschied zu begreifen.

Nun, der Geschwindigkeitsunterschied ist nichts großartig neues in der VLN, bislang ging es ja auch recht gut. Aber da es scheint, dass viele unerfahrene Fahrer auf schnellen Fahrzeugen dazu kommen, scheint es so als wäre es bloß eine Frage der Zeit bis was wirklich schlimmes passiert.

Die VLN Rennen vor dem 24h-Rennen werden mittlerweile schon von vielen so betrachtet, dass es definitiv viel Schrott geben wird, es ist nur die Frage wann im Rennen es passiert und wen es erwischt, weil er sich vor der Spitzengruppe nicht schnell genug "in Luft auflösen" kann. Man hört sogar seitens einiger freiwilliger Streckenmarshalls, dass sie keine Lust mehr auf das 24h-Rennen haben, da es immer gefährlicher wird!


Seit letztem Jahr soll mit dem Creventic-Konzept "Code 60" auch auf der Nordschleife für mehr Sicherheit bei Unfällen sorgen. Allerdings gibt es auch wohl einiges an Problemen. GT3 Fahrzeuge, welche entsprechende Bremsanlagen besitzten können schnell auf 60 Km/h herunterbremsen. Das Problem ist, dass Serienfahrzeuge, welche von Reglements wegen, nur weniger bis gar keine Änderungen an der Bremsanlage vornehmen dürfen, gar nicht so schnell auf 60 Km/h kommen und es so zu Auffahrunfällen kommt, ganz Klassisch wie man es aus dem Stau kennt. Es kommen ja auch immer wieder weitere Fahrzeuge an der Unfallstelle an.

Um etwaige Verzerrungen und Verstöße zu ahnden wurde, verpflichtend für alle, das GPS-Auge eingeführt, damit die C60 Zonen überwacht werden können und Strafen entsprechend ausgesprochen werden können. Dieses System scheint auch noch nicht sonderlich ausgereift zu sein, da vielenortes Fehler im System oder beim Tracking sind.
Genau dieses halbgare verzerrt den Wettbewerb ungemein. Selbst als aufmerksamer VLN-Fan verliert man schnell den Überblick.

Ein weiteres, fragwürdiges, Beispiel der "Professionalisierung" der VLN ist die aufkommende Protestwelle!
In der V6 z.B. gab es nach 3 Läuf bislang nur Punkte für einen Lauf, da in zwei Läufen ein Protest läuft. Auch in kleineren Klassen wird wegen Lappalien scheinbar sofort mit Protest gedroht.



Aktuell muss man leider sagen, dass es viele Baustellen in der Langstrecke gibt.
Es gibt unbelehrbare, unerfahrene Fahrer auf zu schnellen Autos, dann der extreme Siegesdruck der Werke in der SP9, welche das Ganze zu einem 4h Sprintrennen mutieren lassen. Code 60 ist nett gemeint, hat aber noch enormes Verbesserungspotential (Flaggenregelung, Geschwindigkeitsübertretungen, GPS-Auge) Wettbewerbsverzerrungen sind die Folge.
Die Mischung aus schnellen und langsamen Fahrzeugen + Unerfahrenheit, sorgt für eine Mischung die hochgehen wird, einzig die Frage nach dem wann stellt sich hier, wenn sich nichts ändern sollte.
Wann ist zu viel, zuviel?!

Die VLN hat besonders in den letzten Jahren einen massiven Schub bekommen und ist bekannter und Populärer geworden und erfreut sich weiterhin steigender Beliebtheit. Im Prinzip ist dagegen nichts zu sagen.

Als Fan allerdings, geben mir die angesprochenen Punkte sehr zu denken. Daher frage ich mich ob das wirklich das ist, was die VLN will oder werden will...

Ich habe die befürchtung, sollte sich nicht bald etwas ändern und mehr und mehr Privatteams sich zurückziehen, ist der Begriff "Breitensport" in der VLN bald nur noch eine hohle Phrase ohne Leben!